Immobilienpreise in Berlin fallen
5. Juli 2022Baukredite werden wieder etwas günstiger
29. Juli 2022EZB erhöht Leitzins um 0,5 Prozent
Was die Entscheidung für Sparer, Immobilienkäufer und die Null-Prozent-Finanzierung bedeutet.
Die Europäische Zentralbank (EZB) erhöht angesichts der Rekordinflation erstmals seit elf Jahren die Zinsen im Euroraum. Der Leitzins steigt unerwartet kräftig von null auf 0,50 Prozent, der Negativzins von minus 0,50 Prozent für geparkte Gelder von Geschäftsbanken entfällt, wie die EZB am Donnerstag in Frankfurt mitteilte. Sparer sehnen die Zinswende seit langem herbei. Ein solcher Schritt hat allerdings auch Schattenseiten. Was die Erhöhung der Leitzinsen in der EU für Verbraucher, Sparer, Immobilienkäufer und Aktionäre in Deutschland konkret bedeutet.
Können Verbraucher auf sinkende Preise hoffen?
Die Menschen in Deutschland und im Euroraum können sich angesichts steigender Inflationsraten zunehmend weniger für einen Euro leisten. Auf eine schnelle Entspannung bei den Preisen sollten sie allerdings auch nach einer Zinserhöhung zunächst nicht hoffen. Zwar dämpften Tankrabatt und 9-Euro-Ticket den Preisauftrieb zumindest in Deutschland im Juni etwas. Spätestens nach dem Ende der auf drei Monate befristeten Maßnahmen sollte die Inflation aber wieder nach oben springen, erwartet Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer: „Das gilt umso mehr, als die deutschen Unternehmen die massiv gestiegenen Materialkosten noch lange nicht vollständig an die Verbraucher weitergegeben haben.“
Jörg Zeuner, Chefvolkswirt des Fondsanbieters Union Investment, erwartet zudem, dass die Preissteigerungen im Energiebereich und bei Lebensmitteln immer stärker auf andere Güter und Dienstleistungen umgelegt werden.
Was bringt eine Zinserhöhung?
Gegen steigende Energiepreise sind Europas Währungshüter weitgehend machtlos. Die Notenbank kann aber dazu beitragen, dass sich die Teuerungsrate nicht dauerhaft auf hohem Niveau festsetzt. „Je zögerlicher die Geldpolitik jetzt handelt, desto mehr läuft sie Gefahr, in eine Situation zu geraten, in der sie später umso abrupter und stärker straffen müsste, um Preisstabilität zu gewährleisten“, warnte Bundesbank-Präsident Joachim Nagel jüngst.
Sorgen bereiten den Notenbankern mögliche Zweitrundeneffekten wie eine Lohn-Preis-Spirale. Steigen die Löhne als Reaktion auf die hohe Inflation zu stark, könnte das die Preise weiter nach oben treiben, weil Unternehmen gestiegene Löhne als Rechtfertigung von weiteren Preiserhöhungen heranziehen. Löhne und Preise schaukeln sich dann gegenseitig hoch.
Was bedeuten Zinserhöhungen für Sparer?
Erste Banken haben die Zinsen für Tages- oder Festgeld bereits erhöht. Bis das Gros der Sparer nennenswerte Zinsen bekommt, dürfte es aber noch eine Weile dauern. Immerhin haben die ersten Kreditinstitute Negativzinsen auf dem Tagesgeld- oder Girokonto abgeschafft. „Sobald die Notenbank den Strafzins auf Bankeinlagen streicht, werden auch die Negativzinsen für Sparer auf breiter Front wegfallen“, erwartet Oliver Maier, Geschäftsführer der Verivox Finanzvergleich GmbH.
Zuletzt mussten Banken 0,5 Prozent Zinsen zahlen, wenn sie Geld bei der EZB parken. Viele Institute geben diese Belastung an Privatkunden ab bestimmten Summen auf dem Konto als sogenanntes Verwahrentgelt weiter.
Allerdings werden die weiterhin mageren Zinsen von der hohen Inflation aufgefressen. Finanzmarktexperten wie Robert Halver raten daher weiterhin vom Zinssparen ab.
Welche Folgen haben höhere Zinsen für Kreditnehmerinnen und Kreditnehmer?
Für sie wird es absehbar teurer. Steigende Zinsen erhöhen die Kosten für Kredite und bremsen so die Nachfrage. Das hilft dabei, die Inflation im Griff zu behalten. Nach Erfahrung von Verbraucherschützern geben Banken und Sparkassen steigende Zinsen vergleichsweise zügig an Kreditnehmer weiter, das gilt auch für Dispozinsen. Die Bauzinsen, die sich an der Verzinsung von Bundesanleihen orientieren, sind bereits deutlich gestiegen.
„Die Durchschnittszinsen für zehnjährige Baufinanzierungen haben sich ausgehend von 0,8 Prozent zum Jahresstart fast vervierfacht und sind auf über drei Prozent geklettert“, berichtet Ingo Foitzik, Geschäftsführer Baufinanzierung beim Vergleichsportal Check24. Höhere Zinsen treffen diejenigen, die ein neues Darlehen brauchen oder eine Anschlussfinanzierung für einen Immobilienkredit.
Ein Beispiel: Wer Anfang 2022 einen zehn Jahre laufenden Immobilienkredit über 400.000 Euro mit einem Zinssatz von 0,8 Prozent und einer Anfangstilgung von 2 Prozent abschloss, muss dafür monatlich 933 Euro zahlen. Bei einem Abschluss eines solchen Darlehens im Juni sind es monatlich 1667 Euro. Bei laufenden Hypothekenkrediten ändert sich nichts. Quelle: RTL.de